»Der Buchhändler«: über eine Gemeinschaft, in der die Angst die Macht übernimmt
Mit „Der Buchhändler“ haben Sie eine ungewöhnliche Figur in den Mittelpunkt Ihres Romans gestellt. Wie sah die erste Idee zu dieser Figur aus? Woher kam der Anstoß, über eben diesen Buchhändler zu schreiben?
Das ist eine gute Frage und ich würde gerne ausführlich erzählen, woher die Buchidee kam, doch dann müsste ich zu viel über die Geschichte verraten. Daher hier nur so viel: Ich habe vor einigen Jahren einen Zeitungsartikel zu einem bestimmten Tabuthema gelesen. Das Thema hat mich sehr fasziniert und berührt. Ich habe es lange mit mir herumgetragen, bis ich eine geeignete Form gefunden habe, darüber zu schreiben.
Sie erzählen ungewöhnliche Geschichten und schrecken auch vor brisanten Themen nicht zurück - woher nehmen Sie die Themen und wie recherchieren Sie dazu?
Die Ideen für die Themen kommen von überall her. Aus Zeitungsartikeln, aber auch aus persönlichen Erlebnissen oder Fragen, die ich mir selbst stelle. Einer meiner Kriminalromane handelt von der Frage, ob Frauen Kinder möchten und falls ja, wie weit sie dafür zu gehen bereit sind. Eine Frage, die sich wohl jede Frau einmal stellt. Zur Recherche nutze ich die üblichen Quellen: Internet, Fachbücher, Interviews mit Experten oder Betroffenen.
Ihre Romane sind ja keine klassischen Ermittlerromane in dem Sinne, dass ein Polizist oder Detektiv ganz im Mittelpunkt steht – trotzdem die Frage: Wie wichtig ist die Schilderung der Polizeiarbeit für Ihre Romane?
Ich selbst finde Ermittlungsarbeit sehr spannend. Ich liebe den Whodunnit-Anteil von Krimis, die Auswertung von Spuren, die Zeugenbefragungen, aus denen sich Stück für Stück ein Bild des Geschehens zusammensetzt. Andererseits interessiere ich mich auch für die psychologischen Auswirkungen der Ereignisse auf die Beteiligten. Deshalb teilen sich meine Romane meist in zwei Stränge, einer beschreibt die Ermittlungen aus Sicht der Polizei, der andere beschreibt das Geschehen aus Sicht einer persönlich betroffenen Person. Letztere Schilderungen sind oft sehr emotional, was ich bei Krimis manchmal vermisse. Ein Mensch wird ermordet oder ein Kind verschwindet – dies sind Ereignisse mit hoher emotionaler Durchschlagskraft. Ich finde es seltsam, wenn über die Gefühle der Beteiligten hinweggeschrieben wird.
Eine Frage zur Arbeitsweise: Steht am Anfang ein Exposé, nach dem Sie Ihre Romane entwerfen? Oder entwickelt sich vieles noch im Schreibprozess?
Teils, teils. Ich beginne immer mit einer Idee. Das kann das Thema sein, über das ich schreiben möchte oder auch eine bestimmte Ausgangssituation. Zum Beispiel: Zwei Frauen begegnen sich am Strand, freunden sich an, dann verschwindet die eine plötzlich wieder aus dem Leben der anderen. Mit dieser Grundidee spiele ich dann eine ganze Weile, lote ihre Möglichkeiten aus, frage mich, was ich alles benötige, um sie zu realisieren, entdecke Figuren, die zu dieser Idee passen. Die Figuren wiederum beeinflussen den Plot. Das ist der kreativste Teil meiner Arbeit, der mir am meisten Spaß macht. Am Ende dieser Phase habe ich einen Stufenplan, eine grobe Übersicht über die Szenen des Romans bis hin zum Finale und eine Analyse der wichtigsten Charaktere. Beim eigentlichen Schreiben stütze ich mich dann auf diese Vorarbeiten. Ich sehe sie allerdings nicht als Korsett, das mich einengt, sondern als Skelett, an dem ich mich entlanghangeln kann. Wenn ich beim Schreiben bemerke, dass Ideen nicht funktionieren, tausche ich sie aus. Und wenn mir geniale Einfälle kommen, die ich unbedingt einbauen möchte, suche ich mir einen Platz dafür.
Wie sieht Ihr Schreiballtag aus? Haben Sie feste Zeiten, um zu schreiben?
Ja. Ohne Schreibstruktur würde ich niemals ein Buch beenden, denn es ist für mich harte Arbeit.